Ausstellungen im Jahr 2023

F.S. Gebhardt-Westerbuchberg | Bergraum - Ein Leben zwischen Idylle und Dramatik

Zeitraum: 1.9. bis 15.10.2023

Bergraum | F.S. Gebhardt-Westerbuchberg

Das große Ölbild des Malers F.S. Gebhardt-Westerbuchberg mit dem Titel `Bergraum' steht im Mittelpunkt dieser Ausstellung. Es lenkt das Interesse auf das Spannungsfeld zwischen der Suche nach Idylle im Leben und der Realität von Dramatik im Kleinen wie im Großen überall auf der Welt. Nach fünfjähriger Gefangenschaft (1914-1919) in England und dem folgenden Studium der Malerei in München (1920-27) drängte es Gebhardt, wieder auf Reisen zu gehen, wie er es schon vor dem Krieg erleben konnte (Südfrankreich, Italien, Spanien, Paris und London). Auch auf Anraten des Münchner Professors Willi Geiger plante Gebhardt 1927 eine zweiwöchige Reise nach Spanien, aus der dann ein einjähriger Aufenthalt werden sollte. `Diese Spanienreise war künstlerisch wie menschlich mein größtes Erlebnis', wie er später schrieb. `Spanien schläft! Ich, der Maler, fand es herrlich, dieses schlafende Spanien. Wie einfach, beinahe primitiv war noch alles.'

Auch in Toledo hielt er sich malend und zeichnend längere Zeit auf und genoss das einfache, idyllische Malerleben als Gast bei einer ehemaligen Freundin Willi Geigers. Das hier gezeigte, so düstere Bild `Bergraum', ein Blick auf die Stadt Toledo, entstand aus der Erinnerung 38 Jahre später im Atelier auf dem Westerbuchberg. Über die erlebte Idylle von damals legt sich in der expressiven späten Malerei Gebhardts das Wissen um die Dramatik, die mit der Belagerung und Eroberung des Alcázars von Toledo 1936 und all den erlebten Schrecken und Irrungen des zweiten Weltkrieges einhergingen.

Blick ins Atelierfenster

Mit dem Kauf des Bauernanwesens auf dem Westerbuchberg 1935 fand Gebhardt zusammen mit seiner Frau Käthe Seele seine eigene ersehnte `Künstleridylle', doch die Schwere der erlebten Zeit begleiteten seine Malerei bis zum Schluss. Die Gegenüberstellung der beiden Bilder `Bergraum' und `Vergessener Gartenstrauss' von F.S. Gebhardt-Westerbuchberg zeigt die zwiespältige Lebenswirklichkeit einer Generation zwischen Krieg und Frieden.

Aufziehendes Gewitter am Wimmerhof, Westerbuchberg | F.S. Gebhardt-Westerbuchberg


Maximilian Schmetterer | Chiemsee - Nordsee - Unterwegs

Zeitraum: 26.6. - 15.8.2023

Blick ins Atelierfenster

Mit Maximilian Schmetterer ist das Atelierfenster diesmal ganz dem Aquarell gewidmet. Meist assoziiert man mit der Technik der Aquarellmalerei sommerliche Leichtigkeit, hingetupfte idealisierte Landschafts- oder Blumenbilder in frischer, heiterer Farbigkeit. Schmetterer geht von Beginn seiner nunmehr Jahrzehnte langen Beschäftigung und unermüdlichen Ausübung des Aquarellierens andere Wege. Mit Bleistift und Skizzenbuch unterwegs sucht er für seine Bilder keine im Sonnenlicht strahlenden Postkartenmotive. Es sind eher Nebenschauplätze wie Gleisanlagen, verlassene Hafen- und Industriegelände oder einsame Strände an Regentagen, die Schmetterers Interesse für poetisch anmutende Bildfindungen wecken.

Aus der Fülle gesammelter Skizzen und in Aquarelle verwandelter Lebensmomente des Malers präsentiert das Atelierfenster eine kleine Auswahl von Chiemsee, Nordsee und unterwegs, die Bahnhöfe von München und Hamburg.

So wie das Bild vom menschenleeren Strand mit den Strandkörben zeigen Schmetterers Ansichten und Landschaften fast immer Zeugnisse menschlicher Kultur und Nutzung der Natur, ohne den Menschen selbst ins Bild zu bringen. Lässt sich darin eine gewisse Melancholie, eine Trübung der Welt ausmachen im Angesicht von Klimakrise, Ressourcen- und Energieverschwendung, Übertourismus, Kriegen, ...?


Nikolaus Steindlmüller | Keramik

Zeitraum: 1.5. - 11.6.2023

Blick ins Atelierfenster

Mit Nikolaus Steindlmüllers Keramiken zeigt das Atelierfenster Ergebnisse lebenslanger Begeisterung eines unermüdlichen Handwerkers, Künstlers, Forschers, Wissenschaftlers und Erfahrungssammlers. Die Faszination von gebrannter, oft naturbelassener Tonerde und der Umgang damit haben ihn bis heute nicht losgelassen und zu seinem ganz eigenen Stil geführt. Studien über regionale Unterschiede von Tonerden, deren Geschichte und Verarbeitung haben ihn, nach seiner Ausbildung an der Akademie der Bildenden Künste in München bei Franz Eska, auf Reisen von Niederbayern bis nach Japan, Korea, China, USA, Iran und Afghanistan geführt.

Vor allem in Japan war es die alte Technik, in holzbefeuerten Öfen zu brennen, die Steindlmüllers Arbeitsweise und Stil geprägt hat. Das veranlasste ihn dazu, 1984 selbst einen Ofen vom Typ Bizen-Anagama zu bauen. Anagama ist die Bezeichnung für einen japanischen Holzbrennofen - kontinuierlich wird ein Anagama über mehrere Tage mit Holz befeuert, bis bei Temperaturen von über 1200 °C die Keramiken gebrannt werden. Es kommen dabei keine Glasuren zum Einsatz, sondern die Stücke werden den Flammen, dem Rauch, der Glut und der Flugasche ausgesetzt. So entstehen rote und graue, zum Teil blauviolette Färbungen, ähnlich einer Farbpalette. Die Asche des verbrennenden Holzes wirbelt durch den Ofen und legt sich als feiner Staub ab:

`Das Holzfeuer ist wie eine Luft, die um das Keramik-Stück weht oder fließt, und das ist vorne natürlich anders als hinten, weil das Feuer nicht nur Feuer ist, da ist eine Art Sternenstaub drin, Asche im Wesentlichen, alles was aus dem verbrannten Holz kommt, da lagert sich was ab und es reagiert, das ist faszinierend.' (Nikolaus Steindlmüller)

Steindlmüller gehört zu den wenigen Keramikern in Deutschland, die holzbefeuerte Keramik herstellen. Die Wahl der verwendeten Tonerden und der Brennvorgang selbst werden neben der Formgebung der Objekte zum bestimmenden Teil der künstlerischen Arbeit. So einmalige Ergebnisse von Farbigkeit und Oberflächenstrukturen lassen sich nur durch unzählige Versuche, Wissen und Erfahrung erzielen, die auch mit keinem computergesteuerten Elektroofen erreicht werden könnten.

Steindlmüllers Arbeiten waren weltweit in vielen Ausstellungen vertreten und er ist Mitglied in der Académie Internationale de la Ceramique in Genf. Parallel dazu ist auch ein umfangreiches druckgrafisches Werk, vor allem mit Monotypien, entstanden, das hier nur beispielhaft gezeigt werden kann. Doch auch in diesen Blättern zeigt sich Steindlmüllers Vitalität und Lebenskraft, die ihn neben seinem zweiten Beruf als Jurist ständig zu künstlerischem Ausdruck drängt. Weitere Informationen finden sich auch auf seiner Webseite unter www.ks-arts.com.


Walter L. Brendel | Kleine Kostbarkeiten

Zeitraum: 1.3. - 16.4.2023

Brendel | Collage | 1983

Anlässlich seines 100. Geburtstages in diesem Jahr erinnert das Atelierfenster an den Überseer Maler Walter Lothar Brendel (1923-2013). Sein Weg von der Landschaftsmalerei über die ersten abstrakten Bilder und Collagen nach dem Krieg in Deutschland hin zur Kunstrichtung des Informel fand weithin Beachtung und Anerkennung. Somit zählt der gebürtige Ludwigshafener, der seit 1944 in Übersee mit seiner Familie lebte, zu den wichtigen Künstlern der Region. Nach dem Militärdienst mit schwerer Verwundung und seinem Studium in München bei Prof. Karl Caspar fand er bald, zunächst vorwiegend im Rheinland, Bewunderer, Käufer und Sammler seiner Bilder. Meist im Herbst fuhr er mit einigen gut verpackten Bildern unter dem Arm mit dem Zug von Übersee ins Rheinland zu seinen Sammlern und Ausstellern, um sie zu verkaufen.

Brendel | Chiemsee | ca. 1946

Ab 1974, dem Jahr des frühen Todes seiner Frau Clara, fand Brendel seinen künstlerischen Wirkungsort und Mittelpunkt von Übersee aus in Salzburg. Dort konnte er für die nächsten Jahrzehnte ein Atelier im Künstlerhaus beziehen. Heute befinden sich viele Arbeiten in privaten und öffentlichen Sammlungen und Museen, auch auf Grund seiner Freundschaft und Zusammenarbeit mit dem Sammler und Mäzen Wilhelm Hack, den er 1960 in Paris kennen lernte. Durch Brendels Vermittlung entstand dann in Ludwigshafen für Hacks Sammlung das Wilhelm Hack Museum.

Brendel | Farbabdruck Rot | 1982

Doch seine für ihn besten Arbeiten wollte Brendel um keinen Preis verkaufen und so bleibt ein Bilderschatz in Übersee, mit dem sich die Erben gerne umgeben, den sie lieben und aufwändig bewahren. Eine kleine Auswahl von diesen selten oder nie gezeigten Kostbarkeiten aus allen Schaffensphasen Brendels darf das Atelierfenster dankenswerterweise der Öffentlichkeit vorstellen. Leider gibt es im Landkreis Traunstein bis auf wenige Ausnahmen wie dem Exter Haus oder dem Kirchner Museum keinen entsprechenden musealen Raum, in dem das reiche Schaffen so vieler großer Künstlerpersönlichkeiten wie z. B. Braun, Brendel, Geiger, Glette, Lederer und vieler mehr gesammelt, präsentiert und zusammengeführt werden könnte. So bleiben viele historisch und kunsthistorisch interessante Werke Bildender Kunst im privaten Raum verborgen und gehen dem öffentlichem Bewusstsein verloren. Seit fast 25 Jahren macht das Atelierfenster wenigstens mit temporären Präsentationen und einem digitalen Archiv dazu Bildende Kunst allgemein zugänglich. Schon jetzt sind die Werke einiger dieser Künstler zerstreut und nicht mehr für Ausstellungen verfügbar.

Weitere Informationen zu Walter L. Brendel finden sich auch hier.

Blick ins Atelierfenster

Rot Sehen | Malerei und Skulptur

Zeitraum: 20.11.2022 - 06.01.2023

Blick ins Atelierfenster

Ausgehend von meiner neuen Arbeit `HERZSTÜCK' aus gefärbtem Zirbenholz stellt das Atelierfenster diesmal die Farbe Rot in den Mittelpunkt der Betrachtung. Keine andere Farbe ruft in uns so konträre und vielfältige Gefühle, Assoziationen und Botschaften hervor wie das Rot.

oben: Franz Angerer, `Vulkanische Schichtung'
darunter: Axel Kruppa, `Seismoskop'

Wer rot sieht, wird gewarnt, gelockt, gewärmt, verführt, vernichtet und vieles mehr. Da ist mit dem Sonnenaufgang der Beginn eines neuen Tages, ein Lächeln roter Lippen, ein blühender Rosengarten, Werbung im Supermarkt, eine rote Ampel, ein Vulkanausbruch, Krieg, eine rote Linie, ...

Die Auswahl der gezeigten Bilder und Objekte bildet beide Aspekte des Rot Sehens ab: das Wärmende, Verlockende und Hoffnungsvolle wie auch das Warnende und Vernichtende.

Christian Huba, `St. Georg'

`` ... Die Farbe ist Rot. Rot ist Leben, Energie, Potenz, Macht, Liebe, Wärme, Kraft. Rot macht high ... Im Moment bewusster Wahrnehmung setzt Rot Energie frei.'' (Rupprecht Geiger 1975)

Somit kann diese kleine Ausstellung dem Besucher Gedankenräume öffnen vom eigenen Lebensbereich bis hin zum Weltgeschehen, das uns zurzeit oft rot sehen lässt. Doch gerade in der dunklen Jahreszeit möchte auch das lebensspendende, wärmende, liebende und Hoffnung stiftende Rot gesehen werden.



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